Zu Gast (nicht nur) in Euopas Weinregionen

Spannende unbekanntere Ziele entdecken

Zu Gast im Blauburgunderland

Schaffhausen und Aargau

Überwiegend trifft man die besten Schweizer Rotweinerzeuger in zwei Regionen an: Im Dreieck Basel-Zürich-Schaffhausen, wo man sich kürzlich rund um Schaffhausen kantonal zum Schaffhausener Blauburgunderland zusammengeschlossen hat und in Graubünden, wo einige der innovativsten und experimentierfreudigsten Deutschschweizer Winzer zu Hause sind. Hervorragend in der Qualität und mit viel Engagement dabei ist im Kanton Aargau Andreas Meier mit seinem Weingut Zum Sternen in Würenlingen.

Meier hat mit seiner Rebschule einen ausgezeichneten Ruf und verkauft neben seinem exzellenten Wein, mit dem er erst kürzlich wieder eine Goldmedaille beim Cup International des Pinot Noir in Sierre gewonnen hat, auch Reben. Gut gefallen hat uns neben seinem Hölle Würenlingen Pinot Noir auch der Oeil de Perdrix Würenlingen. Bei diesem Rosé Pinot Noir, dessen Name (gebrochenes Auges des Rebhuhns) von den Winzern aus Neuchatel stammt, werden Saft und Traubenhäute (Maische) von blauen Trauben nur ein paar Stunden zusammen gelassen und dann abgepresst. So kommt nur wenig Farbe aus der Haut in den eigentlich hellen Saft des Fruchtfleisches.

Zürich und Winterthur

In der Nähe von Winterthur sitzt Jürg Saxer in Neftenbach. Die Voraussetzungen für große Weine waren auch in der Nordschweiz selten so ideal wie 2003, stellte aber auch Ansprüche an Winzer und Kellermeister, wenn es um die Wahl des optimalen Zeitpunkts der Lese der Trauben ging. Auch die schwache Säure im Most war aus früheren Jahren unbekannt und führte auch in der Schweiz dazu, dass Säure zugeführt werden durfte.

Traumwerte erreichten die Trauben hinsichtlich der Oechslegrade, die oft über 100 lagen. Vielfältig präsentiert sich deshalb auch der legendäre 2003er. Gut gefallen hat uns der Noble Blaue, der in Sierre ebenfalls mit Gold ausgezeichnet wurde. Wer will kann bei Saxer Rebpate werden und darf für 130 SFr fünf Jahre lang jedes Jahr eine Flasche eigenen Wein abholen.

Graubünden

Fährt man Richtung St. Gallen und Bodensee und biegt kurz vor der Grenze zu Österreich in das Schweizer Rheintal ein, so erreicht man kurz hinter Liechtenstein die Bündner Herrschaft, die sich an den sanften Südost-Hängen gegenüber von Bad Ragaz hinzieht. Literaturfreunde und Kinder kennen das Gebiet durch Johanna Spoerri, die in Maienfeld ihre Heidi angesiedelt hat. Dort wurde der Blauburgunder, von aus Frankreich zurückkehrenden Söldnern im Mittelalter erstmals in der Schweiz angebaut und macht heute rund 85 Prozent der dortigen Rebfläche aus. In der Gegend gibt es die interessantesten Rotweine, die aber nicht immer ganz unumstritten sind, wenn sich die Winzer mit Cuvées von der klassischen Linie entfernen. Der Wein wächst dort überwiegend auf kalkhaltigen Schiefer. Durch einen kräftigen Föhn, der von den Bergen herunterfegt werden oft extrem hohe Mostgewichte von über 90 Grad Öchsle erzielt, die feurige, würzige Weine hervorbringen. Ein Urgestein in Graubünden ist Gian-Battista von Tscharner. Wer ihn einmal getroffen hat, vergisst ihn so schnell nicht wieder. Der Schlossherr von Reichenau ist Weinbauer, leidenschaftlicher Jäger, Fotograf (einige seiner Etiketten hat er selbst ausgenommen) und - soweit es die kräftige Statur zulässt - unerschrockener Alpinist. Seine Philosophie: „Gewähre den Trauben und dem Wein genügend Zeit, forciere sie nicht - nur so entstehen Reife, Charakter, Inhalt und Langlebigkeit.“

Tscharner ist ein erklärter Anhänger des Ausbaus in Barrique. Der dortige Rosé-Wein heißt Schiller. Doch der Name hat nichts mit dem großen deutschen Dichter zu tun, der in der Schweiz durch sein Drama über den Nationalhelden Wilhelm Tell wohlbekannt ist, sondern durch Lautverschiebung eher mit dem Burgenländer Schilcher, einem Roséwein aus blauen Wildbacher-Trauben. Auch der Schiller ist ein spritziger, schillernder, angenehmer Rosé aus Blauburgunder, dem je nach Winzer ein kleiner Anteil Weiß- oder Grauburgunder zugefügt wird, und der meist jung getrunken wird. Nicht nur von Tscharner sondern auch Thomas Donatsch vom Weingut und Restaurant Zum Ochsen in Malans und Daniel Gantenbein in Fläsch setzen bei ihren Rotweinen gezielt auf Barrique-Ausbau. Zwischen den Weinorten Jenins und Maienfeld liegt an der Strasse die gemütliche Weinstube Alter Torkel direkt am Weinberg. In dem alten Weinhaus hat der Bündner Weinbauverein ein kleines Weinbaumuseum untergebracht, in dem u.a. ein alter Torkelbaum, eine hölzerne Weinpresse aus dem Jahre 1722 steht. Der Besuch loht sich. Gegenüber an der anderen Seite des Tals grüßt Bad Ragaz mit seinem Luxushotel Quellenhof und der feinen, sternengekrönten Äbtestube und das alte Bad Pfäffers.

(c) Connaisseur & Gourmet 2021