Bücher rund um den Trinkgenuss

Aus dem Leben einer Kellnerin

Plakat Bayerische Landesausstellung 2016 Bier

© Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg / Entwurf: Atelier für Kommunikationsgestaltung Nicole Westphal, Hildesheim

Der Eisgalgen der Brauerei Schlenkerla in Bamberg

© Brauerei Schlenkerla, Bamberg

Kennen Sie das Pariser System? Wenn nicht, sollten Sie Luise Kinseher zuhören: Die bayerische Kabarettistin ist für „Bier in Bayern“ in die Rolle einer Kellnerin geschlüpft und erzählt in vier kurzen Filmen aus deren Lebens- und Arbeitswelt Anfang des 20. Jahrhunderts. Und das war ziemlich hart. Ein 16-Stunden-Arbeitstag war die Regel, die Bezahlung gering und das Trinkgeld die wesentliche Einnahmequelle. „Spätestens um halb acht in der Früh fang ich an mit dem Herrichten der Tische“, berichtet Luise Kinseher.

Zeitungen holen, Speisekarten schreiben, Bierfass anzapfen – und schon beginnt das Frühschoppengeschäft mit Weißwürschten, das nahtlos übergeht ins Mittagessen. Die Kellnerin bedient, kassiert und säubert die Krüge. Abends kommen noch mehr Gäste, und manche bleiben sogar bis nach Mitternacht. Ein später Feierabend, denn Heimgehen kann die Kellnerin erst, wenn der letzte Gast gegangen ist. Kost und Logis sind meistens kostenlos, aber gegessen wird, wenn die Kellnerin Zeit hat: Mittags um vier und spätnachts nach Schichtende.

Sodom und Gomorrha – in Bayerischen Wirtshäusern

Darstellung einer Bierbeschau und einer Fassvisier

© Haus der Bayerischen Geschichte / Philipp Mansmann

Das Wirtshaus war ein überwiegend männlich dominierter Raum: Zu bestimmten Anlässen wie Kirchweih, Hochzeit und Leichenschmaus oder bei Veranstaltungen im Tanzsaal waren auch Frauen und Kinder anwesend, im Alltag jedoch eher nicht. Der Männerort Wirtshaus kannte Frauen lange Zeit nur als Wirtinnen, Dienstmägde oder eben Kellnerinnen. Und diese waren dann gern das Ziel männlicher Flirtversuche, von doppeldeutigen Bemerkungen übers Anbandeln und Begrapschen bis zum Nachstellen der Kellnerin in ihre Kammer.

Manche Wirte erlaubten ihrem Personal, das unter dem Dach der Wirtschaft schlief, auch Männerbesuch. Doch, wie Luise Kinseher im Landesausstellungsfilm betont: „So a Sodom und Gomorrha hat hier in Bayern unterm Prinzregenten echt Seltenheitswert.“

Das Wirtshaus – typisch bayerische Gemütlichkeit

Die "Schützenliesl"

© Haus der Bayerischen Geschichte / Philipp Mansmann

Das bayerische Wirtshaus ist der Inbegriff bayerischer Gemütlichkeit, die ihren Siegeszug über die ganze Welt angetreten hat. Deshalb werden Gaststätten weltweit gern im „bayerischen Stil“ eingerichtet. Das Wirtshaus bildete jahrhundertelang neben der Kirche das Herzstück des Ortes, dort fand das soziale Leben statt. Man war in der Wirtschaft nicht zu Hause, aber fühlte sich dennoch irgendwie daheim. Die Leute trafen sich dort, es wurde getrunken, gegessen, gespielt, gehandelt, politisiert und gerauft.

Die Bayerische Landesausstellung zeigt zahlreiche Exponate der Wirtshauskultur, von der Tischkegelbahn bis zum Kellnerinnengeld­beutel. Und was war nun gleich das Pariser System? Das erklärt Luise Kinseher in der Ausstellung, in einer typisch bayerischen Wirtsstubenkulisse und mit ihrem eigenen, bayerischen Humor, und vorab im Trailer unter www.hdbg.de/bier.

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